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Im Ge­spräch mit Laura Kockott und Frederik Sens, Gorki Apartments Berlin

Online-Marketing 12 Minuten
Die Kleinigkeiten machen den Unterschied.
Die Gorki Apartments in Berlin-Mitte wurden in einem Gründerzeitgebäude errichtet, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut wurde. Zur Anlage gehören 34 individuell ausgestattete Apartments und zwei luxuriöse Penthäuser, welche für die Gäste zu einem “Zuhause auf Zeit” werden sollen. Joachim Leiter von ADDITIVE hat mit Laura Kockott, Direktorin bei Gorki Apartments, und Frederik Sens, Marketing Manager bei Gorki Apartments und Fotograf, gesprochen.
Was macht Gorki Apartments so einzigartig?

Frederik Sens: Die Apartments selbst sind schon ein wichtiger Punkt. Mit diesem historischen Gebäude und den individuell gestalteten Apartments haben wir ein einzigartiges Produkt.

Laura Kockott: Es gibt hier viele Antiquitäten, Design-Klassiker und hochwertige Elemente. Genau dieser Mix macht uns aus. Unsere Architektin hat fünf Jahre lang auf Antiquitätenmärkten in Paris und Berlin nach den passenden Einrichtungsgegenständen wie Tische, Bilder und Lampen gesucht.
Dazu kommen die Individualität der Mitarbeiter und die Tatsache, dass sich unsere Gäste wie zuhause fühlen sollen. Wir begrüßen sie, als wären sie unsere Freunde, sie bekommen ein Bier oder ein Glas Wein zum Check-in und unsere Mitarbeiter tragen keine Uniform. Alle kommen so zur Arbeit, wie sie sich wohlfühlen und die Gäste merken, dass das keine Menschen sind, die sich verstellen.
Sind die Gorki Apartments bereits zu einer Marke geworden?

F. Sens: In letzter Zeit sind wir dabei, ein bisschen erwachsener zu werden. Wir schlagen eine spezielle Richtung ein und benutzen einen bestimmten Ton sowie eine bestimmte Bildsprache. Man kennt uns in der Berliner Hotellerie bereits gut und es gibt verschiedene Personen aus der Kreativ-Szene, die genau solche Locations suchen. Daher wurden in den Apartments bereits Werbespots und Rap-Videos gedreht. Die Bilder der Apartments sprechen bereits für sich, aber real und live vor Ort sind die einzelnen Apartments nochmals schöner und lösen echte Begeisterung aus.

L. Kockott: Bekannt sind wir ebenso in der Architektur-Szene. Vor einer Weile habe ich eine Architektin kennengelernt, die die Gorki Apartments kannte, weil in vielen Architekturzeitschriften darüber berichtet wurde. Kunst- und Architekturinteressierte und eben die Berliner Hotellerie-Szene wissen bereits Bescheid über uns.
Worin liegen die Schwierigkeiten in der Führung und im Vertrieb eines Boutique-Apartment-Projekts im Vergleich zum opulenten Angebot von Ketten- oder Markenhotels in Berlin?

L. Kockott: Die Schwierigkeit ist, dass man viel Geld in Marketing und PR investieren muss, um die nötige Sichtbarkeit zu erlangen. Allerdings gibt es eine bestimmte Zielgruppe, die nie in eine Hotelkette gehen würde, sondern genau das sucht, was wir bieten. So wäre es während der ITB einfacher, sich ein Hotel im Westen Berlins auszusuchen, weil von dort aus der Weg zur Messe kürzer ist. Hierher kommen jedoch jene Personen und Hoteliers, die selbst ein kleines Boutique Hotel haben und die Gorki Apartments ausprobieren wollen. Ich selbst würde ebenso nicht in eine große Hotelkette gehen, weil ich mich dort nicht wohlfühle. Das Gute ist außerdem, dass niemand hinter uns steht, der uns vorgibt, was zu tun ist. Wir können selbst kreativ sein und Neues ausprobieren.

F. Sens: Ich glaube, dass wir die richtigen Zielgruppen durch unsere Bildsprache effizient erreichen. Wir haben aussagekräftige Bilder, die das Produkt sehr gut präsentieren.

L. Kockott: Kundenzufriedenheit ist bei uns das A und O. Das sieht man auch in unseren Bewertungen. Wenn man da nicht vorne mitspielt, wird es wirklich schwierig. Die aussagekräftigen Bilder und dazu der Score, der sich aus den Gästebewertungen ergibt, sind wichtige Elemente.
Kundenzufriedenheit ist bei uns das A und O. Das sieht man auch in unseren Bewertungen. Wenn man da nicht vorne mitspielt, wird es wirklich schwierig.
Was bedeutet für Sie “Digitalisierung” in der Hotellerie? Welche Chancen und Risiken sehen Sie?

F. Sens: Ich denke, dass es bei großen Häusern hilfreich ist, wenn man Prozesse vereinheitlichen und beschleunigen kann. Bei unserer Größe ist eine direkte Art der Kommunikation allerdings vollkommen ausreichend. Im Backend macht es Sinn, Prozesse zu digitalisieren, aber in der Kommunikation zum Gast hin finde ich das nicht gerechtfertigt - wir haben schließlich die Zeit für persönlichen Kontakt.

L. Kockott: Wir nutzen ein Cloud-basiertes PMS (Property Management System), bei dem es im im heurigen Jahr (2020) eine wichtige Neuerung geben wird, sodass man beim Check-in Pässe und ähnliche Dokumente mit der Kamera einscannen kann. Das ist natürlich ein großer Vorteil, denn die Daten werden in die Gästekartei übertragen und man muss nicht vor dem Gast sitzen und alles manuell abtippen. So hat man Zeit, sich mit den Gästen zu unterhalten, denn wir lieben den persönlichen Kontakt. Bei solchen Digitalisierungsprozessen machen wir gerne mit, aber alles andere passt nicht zu uns. Wenn man beispielsweise an die Möglichkeit denkt, die Zimmertür mit dem Handy aufzuschließen - so etwas wollen wir nicht, denn gerade die Tatsache einen richtigen Schlüssel mit Anhänger in der Hand zu haben, gibt einem das Gefühl, in seinem zweiten Zuhause angekommen zu sein. Die Gäste wissen, dass bei uns 24 Stunden lang immer jemand an der Rezeption ist und dass sie dort immer hingehen können, wenn sie Fragen haben, anstatt mit einem iPad oder einem sonstigen Gerät zu kommunizieren, dies gehört bei uns ebenfalls dazu. Der Gast soll es so einfach wie möglich haben über die Website zu buchen und wir möchten über alle Medien jederzeit erreichbar sein.
Gerade in unserer Nische glaube ich, dass wir uns auf diese Weise von den anderen abheben können. Es wird immer Gäste geben, die das wertschätzen und die diesen direkten Kontakt möchten. Die Digitalisierung hat ihre Vorteile, aber irgendwo gibt es Grenzen. Wenn Digitalisierung das Leben einfacher macht, wie bei den Prozessen im Backend, dann ist der Einsatz gerechtfertigt. Im normalen Kontakt mit Personen finde ich das jedoch nicht immer vorteilhaft.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie im Bereich Marketing / Online-Marketing & Kommunikation? Gibt es einen Verantwortlichen für die digitale Strategie?

F. Sens: Besonders was die Ideenfindung angeht, machen wir fast alles im Team und die Umsetzung erfolgt dann durch meine Hände. Zusätzlich haben wir einen neuen Anbieter für unsere Internetseite, der uns auch beim Marketing unterstützen wird.
Welche digitalen Vertriebskanäle werden vorrangig genutzt und in welcher Intensität geschieht dies?

F. Sens: Bei den Kanälen ist, neben den üblichen wie Facebook und Instagram, Google My Business sehr wichtig für uns - aufgrund der Bewertungen und des Bildmaterials das dort eingeht. Auf Facebook und Instagram arbeiten wir stark mit Bildern und schalten auf Facebook zudem Anzeigen in speziellen Märkten. Das alles wird inhouse abgewickelt.

Um Buchungsumsätze zuordnen zu können, muss alles perfekt verknüpft sein - daran arbeiten wir noch, weil ich das gerne nachvollziehen möchte. Ich glaube, dass man viele Personen auf den unterschiedlichen Kanälen inspiriert, die man aber dann nicht tracken kann, und natürlich unsere eigenen (neue) Webseite mit booking engine.
Wie stehen Sie zum Thema OTAs (Online Travel Agencies)?

L. Kockott: An Booking.com zahlt man natürlich einiges an Provision, aber der Anteil bei uns ist nicht zu groß und ich finde es gut, dass man dadurch doch eine hohe Sichtbarkeit erlangt. Das ist bei Kampagnen auf Social Media genauso: Manche Nutzer schauen sich dort nur die Bilder an und buchen dann direkt. Ich selbst lasse mich auf Booking.com inspirieren und kontaktiere dann die Unterkunft.

Ich glaube, dass die Kombination aus eigenen Kanälen und OTAs ausschlaggebend ist. Es kann schließlich immer etwas passieren und unsere Internetseite kann beispielsweise wegen eines technischen Fehlers lahmgelegt werden. Wenn wir dann nicht bei Booking.com sichtbar sind, kommen gar keine Anfragen mehr. Deswegen finde ich diese Verteilung für ein kleines Haus wie uns unumgänglich.
Gibt es ein Loyalty-Programm bei Gorki Apartments?

F. Sens: Wir haben die “Mustache Gang”, bei der man sich auf der Internetseite einloggt. Des Weiteren, versuchen wir WhatsApp vermehrt zu nutzen. Jeder Gast erhält bei Ankunft ein Kärtchen mit unserer Nummer und dies ist dann der erste Kommunikationsweg - idealerweise auch nach dem Aufenthalt. Es kommt immer wieder vor, dass Gäste über WhatsApp erneut auf uns zukommen. Für die Zukunft möchten wir, dass die Kommunikation größtenteils auf diesem Weg erfolgt, beispielsweise dass uns Gäste über WhatsApp kontaktieren, obwohl sie uns auf Booking.com gefunden haben.

L. Kockott: Wir haben zudem verschiedene Kooperationen, wie mit Dr. Hauschka Kosmetik oder Be my friend. Wenn ein Gast ein Apartment mit Badewanne möchte, dann stellen wir dort Badeschaum von Dr. Hauschka bereit. Wenn wir wissen, dass ein Gast gerne Bier trinkt, dann stellen wir noch zwei Flaschen im Kühlschrank dazu. Wir haben kein spezielles Loyalty-Programm, das jemanden belohnt, aber wir achten auf solche Dinge. Diese Kleinigkeiten machen den Unterschied.
Spielen Influencer für das Marketing und den Vertrieb eine Rolle?

F. Sens: Anfangs haben wir ab und zu mit Influencern zusammengearbeitet, aber wir haben gemerkt, dass es nicht zu uns passt. Jetzt stützen wir uns vermehrt auf professionelle Fotografen und Reisejournalisten. Wir werden immer noch täglich von Influencern kontaktiert und dabei ist die Masse an Anfragen mittlerweile so groß, dass es nicht mehr möglich ist, allen zu antworten. Um die Verbreitung machen wir uns allerdings keine Sorgen, denn wer hierher kommt und dafür bezahlt, teilt trotzdem seine Fotos und Erfahrungen, weil dies ein schönes Gebäude ist. 
Wir haben auch während des Lockdowns Kontakt zu unseren Stammgästen behalten und sogar neue Stammgäste dazu gewinnen können. Die Bindung zu den Gästen ist viel intensiver geworden.
Aus aktuellem Anlass: Der Hotelbetrieb wurde vielerorts nach dem Lockdown wieder aufgenommen, der Tourismus kehrt zurück. Wie erfolgte der Restart bei Ihnen? Welche positiven Signale gibt es zu verzeichnen?

L. Kockott: Wir haben den Betrieb nicht geschlossen und waren während der letzten Wochen durchgängig für unsere Gäste da. Ein positiver Aspekt: 85% der Buchungen kommen direkt rein. Es wird viel über die eigene Website gebucht. Vermutlich informieren sich die Gäste auf der Seite über Hygiene-Maßnahmen und buchen dann auch direkt. Ich denke, das schafft einfach jetzt umso mehr Vertrauen als die Anonymität bei OTAs. Wir haben auch während des Lockdowns Kontakt zu unseren Stammgästen behalten und sogar neue Stammgäste dazu gewinnen können. Die Bindung zu den Gästen ist viel intensiver geworden. Wir waren zu jeder Zeit in Kontakt mit ihnen, sei es über Whatsapp, Email oder Instagram.

Wir haben die Zeit genutzt, um interne Prozesse zu hinterfragen und im Zuge dessen zu optimieren. Wir sind frischer und kreativer und haben uns beispielsweise auf den Social-Media-Kanälen etwas ausprobiert. Denn zu verlieren gibt es im Moment ja nichts.
Welche Vorteile bietet Ihr Hotelkonzept gegenüber traditionellen Häusern in Sachen COVID-19-Sicherheit?

L. Kockott: Der Gast hat einfach Platz und Bewegungsfreiheit. Er muss keine großen Lobbys durchqueren oder sich mit vielen anderen Gästen den Frühstücksraum teilen. Bei uns leben die Gäste autark, sie haben ihre eigene Wohnung mit Küche und können sich dort genauso sicher fühlen wie zu Hause.

Im Vergleich zu klassischen Hotels hatten wir unser Haus nie geschlossen und konnten zu jedem Zeitpunkt Erfahrungen mit neuen bzw. ergänzenden Hygiene-Maßnahmen sammeln. Beispielsweise können wir gut die Rundgänge kontrollieren, haben ein überschaubares Haus ohne Restaurant und natürlich keine großen Konferenzräume.

Der Gast kann während des Aufenthalts zum Empfang kommen, muss es aber nicht. Selbst der Check-in kann im Voraus schon vorbereitet und die Zahlung abgewickelt werden, sei es über Paypal, Überweisung oder einen Zahlungslink beziehungsweise Kreditkarte. Ein weiterer Vorteil liegt in unserer Größe und dem persönlichen Kontakt zu unseren Gästen. Sollten Gäste Fragen haben, beispielsweise in Bezug auf Hygiene, sind wir jeder Zeit persönlich auf verschieden Kontaktkanälen erreichbar. 
Worin liegen die Herausforderungen für Ihr Haus, um für maximale Sicherheit der Gäste zu sorgen?

L. Kockott: Wir haben bereits vor Covid-19 Vorkehrungen getroffen, die andere Häuser gar nicht umsetzen können. Daher gab es für uns keine großen Herausforderungen. Wir haben ein kleines eigenes Housekeeping-Team und stocken in Spitzenzeiten mit weiteren Mitarbeitern/innen einer Fremdfirma auf. Aber auch da achten wir drauf, dass es immer das gleiche Team ist. Dadurch sind alle top geschult und wissen worauf es gerade jetzt ankommt. Daher haben wir auch während der Zeit regelmäßig (2 mal wöchentlich) Zoom-Meetings mit dem Team durchgeführt, Standards aufgefrischt, uns ausgetauscht, um jederzeit alle Mitarbeiter/innen auf dem neuesten Stand zu haben.
Die Gorki Apartments sind hier in Berlin einzigartig. Es ist eben wirklich ein verspieltes Haus, welches das eigene Zuhause komplett ersetzen kann. Daher unterscheiden wir uns vom klassischen Hotel.
Wenn wir über neue, herausragende Hotelkonzepte auf der Welt sprechen, welche Projekte fallen Ihnen dabei als erstes ein?

F. Sens: Wir mögen eher die kleinen Häuser. Ich persönlich habe eine Zeit lang in London gearbeitet, in einem kleinen Stadthaus, das sehr hochwertig und gleichzeitig authentisch war. Genau das, was wir vermitteln wollen.

L. Kockott: Die Inspiration für die Gorki Apartments kommt aus Paris, einer Stadt, die in diesem Bereich ein Vorreiter ist. In Berlin gibt es dazu kein großes Angebot. Die Gorki Apartments sind hier einzigartig. Dazu muss gesagt werden, dass die Kosten für ein solch kleines Haus immens sind. Trotzdem hat unser Eigentümer Freude am Betrieb eines solchen Hauses. Es ist eben wirklich ein verspieltes Haus, welches das eigene Zuhause komplett ersetzen kann. Daher unterscheiden wir uns vom klassischen Hotel.

Viele versuchen die Kosten möglichst gering zu halten und setzen deshalb auf eine möglichst hohe Anzahl an Betten.
Gibt es eine Persönlichkeit aus dem Tourismus (oder gerne aus einem anderen Bereich), welche Sie schon immer einmal treffen wollten? Warum und was wäre Ihre zentrale Frage an diesen Menschen?

L. Kockott: Für mich gibt es keine bestimmte Persönlichkeit. Vor drei Jahren habe ich eine größere Reise von drei Monaten gemacht, unter anderem durch Kambodscha. Dort habe ich einen Deutschen kennengelernt, der eine kleine Unterkunft mit fünf Bungalows errichtet hat. Ich finde es interessant, mit solchen Menschen zu sprechen und Erfahrungen zu teilen und herauszufinden, woher solche Ideen kommen, und wie man den Mut dazu findet. In solch ein Projekt muss man schließlich viel Kapital stecken und kann sich nicht sicher sein, ob man am Ende erfolgreich sein wird. Ich verbringe gerne Zeit mit solchen Personen, um Feedback auszutauschen.

F. Sens: Ich kenne ebenfalls keine spezifische Persönlichkeit, die ich treffen möchte. Ähnlich wie bei Laura interessiere ich mich viel mehr für individuelle Konzepte. Man lässt sich von verschiedenen Menschen inspirieren und sollte für alles offen sein.