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Im Gespräch mit Patrick Nestl, Hotel Erika, Südtirol

Interview 8 Minuten
Die größte Herausforderung wird es sein, die persönliche Komponente und das technische Know-how zu vereinen und auf ein neues Niveau zu bringen.
Patrick Nestl ist Geschäftsführer im Spa & Relax Hotel Erika in Dorf Tirol (Südtirol/Italien). Das Hotel ist bereits seit 1960 im Besitz der Familie Nestl und hat sich von einer kleinen Pension zu einem exklusiven 5-Sterne-Hotel mit Fokus auf Kulinarik und Wellness entwickelt.
Das Hotel Erika ist eine bekannte Marke in der Tourismusregion Südtirol: wofür steht diese und welche Vision hat das Unternehmen mittel- und langfristig?

Die Philosophie unseres Hauses liegt darin, echte Herzlichkeit zu verbreiten. Das Zwischenmenschliche steht stets im Fokus und wir stecken Herzblut in unsere Arbeit als Gastgeber. Die Herzlichkeit wird von uns vorgelebt und schließlich auch voll und ganz von unseren Mitarbeitern übernommen und gepflegt. Getreu unserer Vision “Anders als Andere", geht es bei der Einschulung unserer Mitarbeiter nicht immer nur um das fachliche Wissen. Die Arbeit mit Gästen soll Spaß machen und genau das wollen wir vermitteln.
Welches sind hierbei konkret Ihre Aufgabengebiete im Hotel Erika?

Was meine Aufgaben im Hotel sind? Ich bin ganz klar Hausmeister (lacht). Es gibt nicht den einen Aufgabenbereich, für den ich zuständig bin. Ich bin überall präsent und gebe dabei stets 100 %. Dies ist einerseits das Tolle an meinem Job, andererseits ist die Zeit so oft sehr knapp. Ich kümmere mich um die Probleme meiner Mitarbeiter und Gäste und suche bei scheinbar unlösbaren Aufgaben nach passenden Lösungen, egal in welchem Bereich des Hotels. Wo im Haus findet man mich also? Die Antwort ist: überall.
Den klassischen Alltag im Back Office und traditionelle Marketingaufgaben kann man daraus nicht entnehmen. Warum ist das so?

Nein, tatsächlich nicht. Natürlich sehe ich diese zwar als meine Hauptaufgabenbereiche, aber wie beschrieben besteht mein Alltag aus viel Unvorhergesehenem. Daher bleibt mir für das Marketing oftmals zu wenig Zeit, ich vertraue dann meistens meinen Mitarbeitern diese Themen an und delegiere sozusagen an sie.  Delegieren ist zwar nicht immer ganz einfach, ich empfinde es aber als gute Sache, denn Andere werden motiviert Verantwortung zu übernehmen und mit dem eigenen Wissen einen klaren Beitrag zu leisten. Gleichzeitig besteht die Herausforderung jedoch darin, sich selbst ständig weiterzubilden, um mit den ausgebildeten Mitarbeitern auf dem gleichen Niveau zu bleiben, in Dialog treten zu können und so gemeinsam an neuen Ideen zu arbeiten.
Ihre Familie führt das Hotel seit den 1960er Jahren und hat somit den digitalen Wandel in der Hotelbranche an vorderster Front beigewohnt. Wie lange arbeiten Sie mittlerweile schon aktiv im Betrieb?

Ursprünglich bin ich aufgrund von Mitarbeitermangel in den Betrieb zurückgekehrt und aus dem “kurz” Aushelfen sind mittlerweile tatsächlich schon etwa 24 Jahre geworden. Wenig später ist zudem mein Bruder mit in den Betrieb eingestiegen. Unsere Eltern standen immer hinter uns und haben uns so den Weg in Richtung Übernahme des Hotels geebnet.

In den letzten Jahren haben wir sehr große Schritte in der Digitalisierung gemacht. Im Prinzip haben Sie den Start des Internets im Tourismus sozusagen miterlebt. Wo sehen Sie die größten Chancen zukünftiger Digitalisierungen im Hotel?

Ich war immer schon sehr an Technik interessiert, so war ich einer der ersten, der den Zimmerplan digitalisiert hat. Der Fortschritt ging mir immer viel zu langsam voran – das ist heute noch so. In vielen alltäglichen Situationen denke ich mir, hier müssten doch bereits bessere Lösungen existieren, laut mir scheitert es oftmals an der Bürokratie.  Wir im Hotel Erika sind mittlerweile technisch recht gut aufgestellt, aber wir könnten noch viel besser sein. Zudem bin ich sehr fasziniert von modernen Cloud-Systemen und dem Thema Marketing Automatisierung, darin sehe ich unheimlich viel Potential für die Hotellerie - Datenschutz an die Seite gestellt. Dies ist sicherlich eine der größten Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Datenschutz ist ein wichtiges Thema, gleichzeitig ist mir aber für meinen Gast die gezielte Einspielung von relevanten Suchergebnissen gleichermaßen wichtig. Das heißt, der Nutzen und Vorteil für meinen Gast muss mit den Anforderungen an den Datenschutz unter einen Hut gebracht und miteinander vereint werden. 
Welche der genannten Fortschritte hat Sie bzw. das Unternehmen am meisten beeinflusst?

Sicherlich das Internet bzw. die hoteleigene Internetseite und damit einhergehend das Online-Marketing. Das Internet hat den Tourismus wahnsinnig revolutioniert und wird es in Zukunft noch weiter tun – wir dürfen nur nicht stehen bleiben. Meiner Meinung nach sind die Südtiroler Betriebe im Online-Marketing gut aufgestellt, da dieses Thema in der Hotellerie bei uns einfach schon sehr lange ein Thema ist und die Relevanz von Anfang an erkannt wurde. 
Wir haben angefangen, bei der Best Price Garantie entgegenzuarbeiten, damit nicht Global Player und OTAs wie Booking.com über uns bestimmen. 
Klar, werden Booking und Co. bei Bedarf auch genutzt, dennoch sind viele Betriebe in Südtirol großteils individuell unterwegs und forcieren Direktbuchungen. Außerhalb von Südtirol ist die Situation jedoch eine andere. Man hatte oft nicht Agenturen mit dem entsprechenden Fokus, nicht die entsprechenden Möglichkeiten und oftmals wurde in meinen Augen schlichtweg die Wichtigkeit des Online-Marketings zu spät erkannt.
Worin sehen Sie die größten Chancen zukünftiger Digitalisierungen im Hotel?

Die größte Herausforderung wird es sein, die persönliche Komponente und das technische Know-how zu vereinen und auf ein neues Niveau zu bringen. Die Technologie kann uns zwar zu einem besseren persönlichen Service verhelfen, indem uns technische Hilfsmittel einen besseren Einblick in die Vorlieben und Bedürfnisse der Gäste liefern. 
Dennoch darf durch die vermehrten technologischen Innovationen der persönliche Umgang mit den Gästen nicht verloren gehen.
 
Welche Schwierigkeiten bremsen Touristiker im Bereich der Digitalisierung derzeit noch aus?

Sicherlich Unsicherheiten und Zweifel zum Thema Datenschutz. Hier besteht ein Spannungsverhältnis, denn persönliche Daten werden von Dritten gesehen und für verschiedene Zwecke verwendet. Zum anderen möchte man beispielsweise nur die relevantesten und zutreffendsten Suchergebnisse erhalten, um sich Zeit zu sparen. Aus unternehmerischer Sicht kann durch Daten, eine für mich als Hotelier interessante Zielgruppe direkt angesprochen werden und diese kann zielgerichtet mit passender Werbung bespielt werden. Es ist somit zielgerichteter, kostengünstiger und gleichzeitig wird die Werbung effizienter eingesetzt. 
Das Hotel Erika nutzt seit 2020 erfolgreich Marketing-Automatisierungssoftware von ADDITIVE. Wie beurteilen Sie den bisherigen gemeinsamen Weg und die Ergebnisse?

Wie ich schon angesprochen habe, geht es uns darum, unseren Wunschgast zielgerichtet anzusprechen. Die Automatisierung des Online-Marketings im Hotel war hierfür zentral für uns und so haben wir uns für die ADDITIVE+ MARKETING AUTOMATION entschieden. 
Durch diese Marketing-Automatisierungssoftware für Hotels gelingt es uns, einen bestimmten Gast zum richtigen Zeitpunkt zu bespielen, ohne dass dem Gast das Gefühl eines automatisierten Prozesses vermittelt wird. 
Zudem ist auch die Datenschutzkonformität gegeben. Auch sehe ich die ständige Weiterentwicklung des Produktes. Natürlich muss die Automatisierung in Zukunft noch persönlicher werden, aber das ist unser gemeinsames Ziel.
Die Automatisierung des Hotelmarketings klingt nach einer großen Erleichterung im Hotel-Alltag. Welche sich täglich wiederholenden (Marketing-)Prozesse sollten zukünftig automatisiert werden?

In der kundenorientierten Textausspielung sehe ich ein sehr großes Potential. Klar, der Content muss zuvor kreiert werden – die große Herausforderung ist es nun aber, diesen noch zielgerichteter an meine Gäste auszuspielen. Beispielsweise weiß ich durch die bestehenden Daten in meiner Hotelsoftware, dass mein Gast an Wein interessiert ist. Gleichzeitig bespiele ich ebendiesen Gast mit der Information: Wir haben eine tolle Weinreise. Damit kann ich meinen Gast sehr wahrscheinlich beeindrucken. 
Die Kunst liegt also darin, guten und vor allem relevanten Content zu gestalten, diesen an die richtige Zielgruppe zu bringen und sich über Content von der Konkurrenz abzuheben.
Gibt es sonst noch wiederholende Prozesse im Hotel, die zukünftig automatisiert werden sollten? Beispielsweise der Check-in?

Nein, keineswegs, der Check-in muss persönlich erfolgen. Hier meine ich nicht die Datenübergabe, die erfolgt bei uns bereits über Passwordscanner und andere Hilfsmittel. Bei der Ankunft im Hotel muss der Aufenthalt vom ersten Moment an zu einem Erlebnis werden. Wo es meiner Meinung nach ein großes Potential in Richtung Automatisierung gibt, ist es Aufgabenverwaltung der Mitarbeiter. Damit diese durch Apps, Schulungsvideos, Onboarding Videos usw. geregelter ist und optimierter abläuft. Dieses Produkt hin zum Mitarbeiter muss verbessert, bzw. an die Hotellerie angepasst werden. Doch gerade im Tourismus besteht die Herausforderung dann darin, das Produkt an die Eigenheiten der einzelnen Betriebe anzupassen.

Wie sieht für Sie als Hotelier der perfekte Marketing-Mix aus?

Ich habe es ja schon vorweggenommen, für uns sind Printmedien nicht mehr relevant. Die meisten unserer Marketingmaßnahmen betreffen das Online-Marketing. Der Kern liegt darin, unsere Online-Kanäle so gut abzustimmen, dass der ROI und die Conversions stimmen. Wichtig ist uns, die richtigen Plattformen mit dem richtigen Content zu bespielen. Die Messbarkeit unserer Maßnahmen stellt dabei die größte Herausforderung für uns dar.
Was raten Sie Berufskollegen, die sich in einer großen Abhängigkeit von Online-Reisevermittlern und Buchungsplattformen befinden?

Am Anfang ist es wichtig zu definieren, ob man das Marketing überhaupt in die eigene Hand nehmen möchte oder ob die Vermarktung bewusst den OTAs überlassen wird. Wichtig ist, sich zu informieren, sich weiterzubilden und sich regelmäßig mit Branchenkollegen zum Thema Online-Marketing auszutauschen, denn jeder lernt von jedem. 
Gibt es eine Persönlichkeit aus dem Tourismus (oder gerne auch aus einem anderen Bereich), die Sie schon immer einmal treffen wollten? Warum und was wäre Ihre zentrale Frage an diesen Menschen?

Diese eine Persönlichkeit gibt es für mich nicht. Für mich ist jeder Mann und jede Frau eine interessante Persönlichkeit und daher möchte ich mir für jeden Austausch Zeit nehmen. Ich bin für jedes Gespräch dankbar, denn aus jedem kann man neue Learnings ziehen. Die unscheinbarsten Gespräche führen oftmals zu den erstaunlichsten Erkenntnissen.