ADDITIVE

+39 0473 538800 Industriezone 1/5 - Eurocenter . 39011 Lana Südtirol Italien info@additive.eu
. MwSt-Nr. IT02476330218

Im Gespräch mit Sebastian Doll, HOTEL ZOO BERLIN

Interview 10 Minuten
Wir nutzen die gesammelten Daten, um gezielt auf die Interessen unserer Gäste einzugehen. Dadurch lassen wir ihnen nur noch Informationen zukommen, die für sie relevant sind.
Das HOTEL ZOO BERLIN, direkt am berühmten Kurfürstendamm gelegen, gilt als eines der exklusivsten Boutique-Hotels in der deutschen Hauptstadt. Unter der fachkundigen Leitung von Sebastian Doll verantwortet das Hotel sein Marketing, indem es geschickt moderne Elemente mit traditionellen Akzenten verbindet. In unserem Interview gibt Sebastian Einblicke in die inspirierenden Geheimnisse einer erfolgreichen Marketingstrategie für Luxushotels und zeigt, wie das HOTEL ZOO BERLIN seinen Gästen ein unvergessliches Erlebnis bietet.
Was macht das Hotel Zoo Berlin so einzigartig und zu einer so starken Marke? Was projiziert das Hotel Zoo Berlin in die Köpfe der Menschen?

Zum einen ist es natürlich die Historie unseres Hauses! Ob als Wohnsitz von Walter Gropius oder als das Hotel der Westberliner Filmfestspiele – das denkmalgeschützte Gebäude, welches beide Weltkriege nahezu unbeschadet überstand, schreibt seit über 111 Jahren Geschichte.  Mit der Designerin Dana Lee wurden diese historischen Elemente aufpoliert und gekonnt ins 21. Jahrhundert übertragen.  Wir sind stolz, den eleganten Sprung in die Moderne geschafft zu haben, ohne dabei die Lage und Tradition des Gebäudes zu vernachlässigen.
 
Welches sind Ihre konkreten Aufgaben im Hotel Zoo Berlin?

Ich stehe voll und ganz hinter dem Slogan “ Marketing driving Sales”. Als Team versuchen wir daher mit unserer Marketingstrategie visuelle und inhaltliche Anreize zu schaffen, um nationale und internationale Gäste für uns zu gewinnen – sowohl für das HOTEL ZOO BERLIN als auch für das GRACE Restaurant & Bar. Im Berliner Markt hat sich das GRACE schnell als Hotspot durchgesetzt. An diesen Erfolg knüpfen wir an und teilen unsere “selling points” über digitale Kanäle. Im Kern geht es darum, Content zu kreieren, der die Besonderheiten unseres Hotels sowie des GRACE aufzeigt. Wir veranstalten hierfür auch gezielt hauseigene Events, wie den GRACE Bday, die Rooftop Opening, Halloween und NYE-Party. Somit teilen wir ein authentisches Stärkenprofil mit der Welt. 
Im besten Fall sprechen wir dich als potentiellen Kunden direkt an, animieren zum Erlebnis vor Ort und binden Gäste über den eigentlichen Aufenthalt hinaus.
Ein weiteres Beispiel: Ben Weidenberg, der Sommelier des GRACE Restaurant, geht auf Weintour in die Türkei und wir begleiten ihn in den sozialen Medien. Warum? Wir wissen,
dass unsere Gäste die erlesene Weinauswahl im Restaurant lieben. Daher nutzen wir digitale Technologien, um den Gast direkt einzubinden. Ganz transparent und persönlich können unsere Gäste neue Produkte von Anfang an miterleben und auf Wunsch vor Ort genießen
Welchen beruflichen Werdegang haben Sie für diese anspruchsvolle Position durchlaufen?

Nach meinem Abitur habe ich mich für eine Ausbildung als Hotelkaufmann in München entschieden, da ich wusste, dass ich direkt in die Arbeitswelt einsteigen möchte. Meine Liebe zur Hotellerie entstand bereits als Kind während eines Aufenthalts in Indien, wo ich zum ersten Mal die Magie eines 5-Sterne-Hotels erleben durfte. Während meiner Ausbildung faszinierte mich das Thema Marketing bereits sehr, aber ich entdeckte auch meine Begeisterung für operative Tätigkeiten wie Housekeeping und Stewarding. Letztendlich fiel die Entscheidung doch auf Sales & Marketing. Der erste Kempinski Career Day brachte mich ins Adlon, wo ich als Sales Coordinator begann. Der Sprung nach China im Jahr 2014 hat mich beruflich sehr positiv beeinflusst. Es folgten wichtige Erfahrungen in Sachen Teamführung sowie erste Verantwortungen im Marketing. Besonders prägend war hier die Arbeit mit Swire Hotels und dem Opposite House Beijing – mein erstes Boutique Hotel mit großem Fokus auf Marketing anstatt Sales. Von dieser kulturellen Vielfalt und anspruchsvollen Destination würde sicherlich jeder profitieren.
Welchen Stellenwert hat Markenführung in Ihrem Unternehmen? Wie kreativ gilt es mittlerweile bei den gewählten Maßnahmen zu sein und wo holen Sie sich Inspiration?

Der Stellenwert von Markenführung ist natürlich sehr hoch, da das unverkennbare Interior Design und GRACE Konzept stets im Vordergrund stehen. Kreativität und Innovation lassen sich bekanntlich nicht erzwingen, trotzdem muss man mit der Zeit gehen. Denn wie man so schön sagt “Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit”. Daher ruhen wir uns nicht auf den Erfolgen aus, sondern blicken stets nach vorn. Inspiration gibt es dabei überall und eine gewisse Neugier ist natürlich sehr hilfreich. Ich würde sagen, dass verschiedene Branchen wie Automobil, Mode, Musik und Entertainment unsere kommunikativen Schwerpunkte sind. Und dann gibt es natürlich Bereiche wie High-End-Wines & Spirits, die zusätzlich Inspiration liefern. Sei es für eventuelle Kooperationen oder die visuelle Inszenierung von Luxusartikeln. Effizienz spielt dabei eine große Rolle. Daher produzieren wir unseren Content inhouse, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Kollegen.

Was bedeutet für Sie “Digitalisierung” in der Hotellerie? Welche Chancen und Risiken sehen Sie?

Die Digitalisierung in der Hotellerie ist definitiv ein sehr vielseitiges Thema. Ein Aspekt für unser Haus ist die Möglichkeit, mehr Zeit mit dem Gast zu verbringen. Ich sehe die Vorteile der Digitalisierung daher auch in der Optimierung von internen Hotelprozessen, die der Gast nicht direkt wahrnimmt, ihm aber dennoch ein besonderes Erlebnis und Wohlgefühl ermöglichen.
Gleichzeitig bedeutet Digitalisierung auch personalisiertes und zielgerichtetes Marketing. Es ist toll, dass wir unsere “Botschaften” nicht ins Blaue schicken müssen, sondern gezielt an unsere potentiellen Gäste bzw. Zielgruppen richten können. 
Wir investieren daher strategisch, vor allem in digitales Marketing, um langfristig unseren Erfolg zu sichern. Auf der anderen Seite verstehe ich die Angst vor der Digitalisierung, dass Menschen durch sie eventuell ersetzt werden. Für unser Hotelkonzept schätze ich das Risiko jedoch gering ein – der zwischenmenschliche Kontakt steht für uns an oberster Stelle. Digitale Produkte wie ein Chatbot sind zusätzliche Annehmlichkeiten, aber kein Ersatz für persönliche Beziehungen.
In welchen Bereichen der Hotellerie sehen Sie noch Potenzial, um Arbeitsabläufe durch Digitalisierung effizienter zu gestalten?

Wie wir zuvor bereits angeschnitten haben, kann die Digitalisierung dazu beitragen, die Kommunikation zwischen den Abteilungen zu verbessern. Davon kann jeder Bereich in der Hotellerie profitieren. Die Abteilungen können sich durch digitale Tools schneller absprechen, mehrere Kollegen gleichzeitig einbeziehen und Aufgaben direkt zuweisen. Es ist jedoch auch eine Frage des Willens, ob man sich auf den Digitalisierungsprozess einlässt, da dieser vor allem am Anfang mit enormem Zeitaufwand verbunden ist.
Daten sind bekanntlich das Gold des digitalen Zeitalters. Sehen Sie Marketing-Potential in der Nutzung von Gäste- und Reservierungsdaten, sowie gesammelten Gästeinformationen und deren Affinitäten?

Innerhalb der Grenzen des Datenschutzgesetzes versuchen wir, so viele Gästedaten wie möglich zu sammeln. Zum Beispiel durch die Einwilligung zu unserem Newsletter oder durch eine Tischreservierung via OpenTable. Wir nutzen die gesammelten Daten, um gezielt auf die Interessen unserer Gäste einzugehen und ihnen für sie relevante Informationen zukommen zu lassen. Dabei sehe ich Daten als sehr hilfreich an, um den Gast zu verstehen und ihn als Individuum zu betrachten, statt wahllos breit gefächerte Werbeanzeigen zu schalten.
Welche Faktoren berücksichtigen Sie bei der Segmentierung Ihrer Marketing-Kampagnen?

In unseren Kampagnen unterscheiden wir vor allem nach Interessen, Sprachen, dem HOTEL ZOO BERLIN – oder dem GRACE Restaurant. In den sozialen Medien unterscheiden wir noch spezifischer und beziehen das Alter und Geschlecht verschiedener Personengruppen mit ein. Es wichtig, dass der Gast die Möglichkeit hat, seine Informationen auf seine bevorzugte Art und Weise zu beziehen. Er soll die Freiheit haben, sich für den Kontaktkanal seiner Wahl entscheiden zu können – sei es per Social Media, Telefon oder E-Mail.

Können Sie uns einen Einblick geben, welche Online-Marketing-Strategien Sie bereits für die Zukunft planen?

Es gibt einige Pläne, von denen ich gerne erzählen kann, während andere SEO-Strategien noch nicht ganz spruchreif sind. Wir konnten feststellen, wie erfolgreich relevante Newsletter performen – E-Mail-Marketing werden wir daher stärker fördern. Auf unserer Webseite haben wir daher Trigger eingesetzt, um den Gast auf den Mehrwert unserer Newsletter aufmerksam zu machen. In Sachen Content-Marketing wird TikTok als Kanal in Erwägung gezogen, um vor allem die Marke GRACE einem jüngeren Publikum zu präsentieren. So kommen wir zu einem weiteren Vorteil der Digitalisierung: durch gezielte Influencer-Kollaborationen können wir ein neues Zielpublikum erreichen. TikTok ist schnell, trendy und neu – es eignet sich auch für einen unverfälschten Blick hinter die Kulissen. E-Commerce ist ein weiteres großes Thema für uns, insbesondere im Hinblick auf unseren Online-Shop. Hotel- und Restauranterlebnisse mit ausgewählten Produkten erlebbar zu machen, ist ein wichtiger Aspekt der Gästebindung, der über den Aufenthalt hinausgeht.
Sie stellen Ihren Gästen bereits einen digitalen Fitness-Coach zur Seite. Gibt es auch Bestrebungen, den klassischen Concierge-Service zu digitalisieren? Wie wichtig ist dennoch der persönliche Umgang mit den Gästen?

Ein Concierge kann nicht ersetzt werden und das möchten wir auch nicht. Der digitale Fitness-Coach hingegen, ein VAHA Mirror, kommt bei unseren Gästen sehr gut an. Er ist hochmodern, wird nie müde und dient, neben dem 24/7 Gym, als zusätzliches Goodie für unsere Gäste. Ein digitaler Concierge kann natürlich selektive Informationen über die Umgebung und Empfehlungen geben, die auf die Vorlieben des Gastes abgestimmt sind. Bei uns kommen diese Informationen teilweise mit der Buchungsbestätigung, damit der Gast bereits weiß, was es in der Umgebung Interessantes gibt.  Allerdings kann der digitale Concierge nicht in einem voll gebuchten Szene-Restaurant anrufen, um noch spontan einen Tisch zu reservieren. Hier kommt der Concierge ins Spiel, der über Jahre hinweg persönliche Kontakte aufgebaut hat. Am meisten schätzen unsere Gäste natürlich die persönlichen Erfahrungen und Empfehlungen und vertrauen auf den direkten Austausch mit Stefan, unserem Concierge.

Wie hoch ist die Abhängigkeit von OTAs und Buchungsplattformen wie z. B. booking.com, expedia.com etc. im Vertrieb? Welche digitalen Werbe- & Vertriebskanäle werden vorrangig genutzt?

Unsere Abhängigkeit von Buchungsplattformen und OTAs (Online Travel Agencies) hält sich auf einem gesunden Level. Wir sehen Booking.com & Co. auch nicht als Bedrohung, sondern eher als erweiterten Marketing-Arm. Wenn richtig genutzt, können OTAs eine tolle Ergänzung sein, um eine globale Reichweite zu erzielen. 
Wenn die erste Buchung über eine OTA kommt, ist das in Ordnung. Aber wenn die zweite Buchung erneut über eine OTA erfolgt, bedeutet das in der Regel, dass wir nicht nahe genug am Gast waren. Dann analysieren wir, an welcher Stelle die direkte Kundenbindung gescheitert sein könnte.
Bei der Auswahl unserer Partner sind wir zudem sehr selektiv. Daher arbeiten wir vor allem mit hochwertigen Private Membership Programmen, um unser Produkt stets mit einem Mehrwert zu verkaufen. TripAdvisor und andere Bewertungsseiten spielen auch eine wichtige Rolle für uns. Durch positive Bewertungen wird die Auslastung und Durchschnittsrate beeinflusst. Diesen Faktor möchten wir in unserem Marketingplan nicht außer Acht lassen.
Instagram und andere Social-Media-Kanäle sind ebenfalls zu wichtigen Verkaufskanälen geworden. Verlinkungen auf die hoteleigene Website machen es möglich! Bei stetig wachsender Reichweite und gleichbleibender Conversion steigern sich natürlich die Buchungszahlen. In diese Marketingkanäle investieren wir gerne, da wir jederzeit analysieren können, wo unser Return liegt.
Welche Strategie verfolgen Sie, um neue Gäste, die zunächst über eine OTA gebucht haben, zukünftig zu einer Direktbuchung zu animieren?

Der Aufbau von persönlichen Beziehungen ist ein wichtiger Bestandteil unseres Hotelkonzepts und fängt schon beim Check-in an. Es ist wichtig, sich Zeit für den Gast zu nehmen, um eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, die sich während des Aufenthaltes fortsetzt. Nur so können wir First-Time-Gäste in wiederkehrende Gäste verwandeln. Die Aufklärung über die Vorteile einer Direktbuchung gehen damit einher.
Wenn wir über neue, herausragende Hotelkonzepte auf der Welt sprechen, welche Projekte fallen Ihnen dabei als Erstes ein?

Ich finde diese Frage schwierig zu beantworten und obwohl ich mir viel Inspiration von Konzepten auf der ganzen Welt hole, gibt es für mich keine klare Antwort. Mir kommt höchstens Bali in den Sinn und der Umgang mit Sustainability bzw. eco-friendly living. Der Fokus liegt unverkrampft auf well-being und dem bewussten Genießen im Einklang mit der Natur.
Gibt es eine Persönlichkeit aus dem Tourismus (oder gerne auch aus einem anderen Bereich), die Sie schon immer einmal treffen wollten? Was wäre Ihre zentrale Frage an diesen Menschen und warum?

Als Porsche Fan wäre Ferdinand Alexander Porsche eine Persönlichkeit, die ich wahnsinnig gerne getroffen hätte. Mir gefällt vor allem die Treue zum Grundkonzept: die unverkennbare Silhouette von einem 911 Porsche, welche unter der Heckhaube seit Jahrzehnten optimiert wird. Meine zentrale Frage wäre wohl, ob er dabei aus Intuition, oder optimistischer Sturheit gehandelt hat.